Wafer mit Vanadiumdioxid ersetzt bald Silizium (Foto: Jamani Caillet, epfl.ch)
Lausanne (pte/07.02.2018/06:05) Die einzigartigen Eigenschaften
von Vanadiumdioxid prädestinieren das Material dazu, Silizium als
Rohstoff für elektronische Geräte mit geringer Leistung abzulösen.
Ingenieure der Eidgenössischen Technischen Hochschule
http://epfl.ch
(EPFL) in Lausanne haben gezeigt, dass sich
Datenübertragungs-Elektronik, die für Weltraumeinsätze bestimmt ist, auf
der Basis von Vanadiumdioxid herstellen lässt. Es sei auch als Material
für Neuromorphik-Computer und Systeme der Künstlichen Intelligenz
geeignet.
Kristall wird zur amorphen Masse
Nach dem Schalter kam der Transistor, erklären die Forscher. Jetzt
gebe es eine weitere Innovation, die die Kontrolle über den
Elektronenfluss durch einen Schaltkreis revolutionieren könnte.
Vanadiumdioxid sei bei Raumtemperatur ein Isolator. Bei einer Temperatur
von 68 Grad Celsius wird es zum Stromleiter. Diese Eigenschaft wird in
dem EU-Projekt "Phase-Change Switch" erforscht, unter anderem von den
Experten der EPFL.
Die Schweizer Forscher haben herausgefunden, warum die
temperaturabhängige Verwandlung von Vanadiumdioxid stattfindet. Bei
Raumtemperatur bilden die Moleküle ein Kristallgitter. Steigt die
Temperatur, verwandelt es sich in ein amorphes, also ungeordnetes
Material. Es nimmt eine metallische Struktur an. Die Umwandlung findet
in weniger als einer Milliardstel Sekunde statt. Elektronik auf dieser
Materialbasis wäre also unschlagbar schnell.
"Vanadiumdioxid verändert seine Struktur auch bei anderen
Einflüssen", sagt Adrian Ionescu, der das EPFL-Nanolaboratorium leitet.
Der Phasenwechsel finde auch statt, wenn eine elektrische Spannung
angelegt oder das Material mit Licht einer bestimmten Wellenlänge oder
mit Terahertzwellen beaufschlagt werde. Es gibt nur einen Haken: 68 Grad
Celsius sind eine zu niedrige Temperatur für elektronische
Schaltkreise, die bis zu einer Temperatur von 100 Grad Celsius fehlerlos
funktionieren müssen.
Forscher geben Germanium bei
Die Lösung fanden Ionescu und Andreas Schüler von der School of Architecture, Civil and Environmental Engineering http://enac.epfl.ch/en
. Sie haben eine bestimmte Menge Germanium unter das Vanadiumdioxid
gemischt. Das erhöhte die Phasenwechseltemperatur auf 100 Grad Celsius.
Der Weg zum Bau von elektronischen Schaltkreisen, die nicht nur extrem
schnell arbeiten, sondern auch wenig Strom verbrauchen, ist damit frei.
Am europäischen Phase-Change-Switch-Programm sind neben der EPFL die
Unternehmen Thales aus Frankreich, der Schweizer Arm des US-Riesen IBM,
die Angewandte Mikro- und Optoelektronik GmbH, die aus der Technischen
Hochschule Aachen hervorging sowie die Max-Planck-Gesellschaft und die
University of Cambridge beteiligt.